Kollateral-Erkenntnisse
aus Auto-Museen
(Teil 2)

Wie man via Wolfsburg zum altrömischen Straßenbau für die Ewigkeit kommt, verrät der zweite Teil unserer Blogserie über Automuseen.

Ein Automuseum besucht man mit der Erwartung, Faszination auf vier Rädern zu erleben. Beim intensiveren Blick in verborgene Ecken finden sich dort oft auch Geschichten, die nur am Rande mit der automobilen Fortbewegung zu tun haben. Sie bieten Stoff satt für eine Serie – in Folge zwei: die Autostadt in Wolfsburg und Straßen, die Hitze, Frost und Jahrhunderten standhalten.

 

Wer sich in Wolfsburg per Auto dem Nobelhotel Ritz Carlton nähert, der unternimmt eine Zeitreise der besonderen Art. Er rollt nämlich über eine schnelle Folge historischer Straßenbeläge – von der Römerstraße über mittelalterliches Kopfsteinpflaster bis zum ersten Asphalt.

 

Diese Hotelzufahrt zählt zum Gelände der „Autostadt“. Und deren Macher bauten alle bekannten historischen Straßenbeläge nach. Das Ganze ist durchaus schulklassentauglich, denn Stelen am Wegesrand visualisieren den Querschnitt des Belags. Und das hat Tiefgang.

Straßen für die Ewigkeit

Erst dort wurde mir klar (und ich habe immerhin so etwas wie einen „schwarzen Gürtel“ in Geschichte), wieviel baulichen Aufwand die Römer in ihre Straßen gesteckt haben: In etwa einem Meter Tiefe ging es los mit den „Statumen“, grob behauenen, rechteckig aufgestellten Natursteinen. Darüber schütteten die römischen Bauarbeiter eine „Ruderatio“ genannte grobe Kiessandschicht, befestigt mit einer Frühform von Beton. Auf diese kam eine feinere Lage aus Kiessand, genannt „Nucleus“, die ebenfalls mit Beton stabilisiert wurde. Den sichtbaren Abschluss bildete die „Summa Crusta“, dicke polygonale Platten aus Basaltstein. Der Anspruch lautete „Roma eterna“ – dementsprechend waren auch die Verkehrswege für die Ewigkeit gemacht.

Roma eterna: Diesem „Claim“ sollte das antike Imperium mit zumindest mit seinen Straßen nahe kommen.

Roma eterna: Diesem „Claim“ sollte das antike Imperium mit zumindest mit seinen Straßen nahe kommen.

Kein Wunder, dass derart aufwändig hergestellte Straßen das Rückgrat des römischen Reichs bildeten, immerhin führten sie ja sprichwörtlich alle in die Hauptstadt. Sie überdauerten tatsächlich die Zeit samt enorm vieler Hitze- und Kälteperioden, einige Abschnitte wurden bis tief in die 1800er-Jahre genutzt. Außerdem überraschende Erkenntnis in Wolfsburg: Eine frisch gemauerte Römerstraße ist (im Vergleich zum mittelalterlichen Kopfstein) höchst komfortabel und alles andere als eine Buckelpiste.

Unerschütterlich: Über eine Römerstraße (hier als originalgetreuer Nachbau der Autostadt) fährt es sich erstaunlich ruhig

Erst über die Jahrhunderte frästen die Fuhrwerke tiefe Spurrillen in den Basalt, der das Fortkommen etwas beschwerlich machte. Jahrhunderte? Das kann den heutigen Straßen nicht passieren. Die bieten zwar den deutlich besseren Grip, sind aber nach spätestens 20 Jahren marode – und zum Teil schon nach einem Ausnahmesommer wie diesem.

Autor

Andreas Neemann

Senior Berater Content & PR

E-mail: andreas.neemann@wortwerkstatt.de

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