Wer braucht PR?

Mit Unternehmensöffentlichkeiten kann heute jeder kommunizieren, massenhaft, wirkungsvoll und ungefiltert. Warum diese Sache dann noch PR-Profis managen lassen? Fakten statt Fake-News sprechen dafür.

Ein gefeierter Entrepreneur schickt seine zentrale PR-Abteilung in die Wüste, weil er lieber selbst (und nur) zu seiner Klientel spricht; journalistische Wahrheit, die von selbstgemachter abweicht, hetzt ihm die sozial-mediale Superfanbase weg. Anderswo zielt der Rotstift zuerst auf die Kommunikationsabteilung, wenn die Firma sparen muss. Weil es der Fachautorin einfach zu lange dauert, bis die PR-Abteilung antwortet, beschafft sie sich die Produktinfos vor Redaktionsschluss schnell aus der eigenen Bubble. Führt alles zwangsläufig zur Frage: Kann Öffentlichkeitsarbeit weg?

 

Eindeutiges Ja, wenn wir vom klassischen Klischee oder einer extremen Sonderform ausgehen: vom Bild, in dem hochmanipulative Spin-Doctors die Nachrichtenkonsumenten über „gekaufte“ Journalisten alle Firmenwelten nur noch rosarot sehen lassen. Das allerdings hat nichts mit der Alltagsrealität zu tun: Seriöse PR färbt genauso wenig bloß schön wie sich echter Journalismus (und dessen Leserschaft!) leicht beeinflussen lässt. Klar dienen die einen ihrem Unternehmen oder Auftraggeber sowie die anderen auch oft ihren Lesern, Anzeigenkunden und Auflagenzahlen. Doch zentral bleibt die Information. Mit dieser gehen beide gleich um, nämlich primär verantwortungsvoll und wahrheitsgetreu. Was veröffentlicht wird, beruht auf zuvor sorgfältig recherchierten Daten oder anderen belastbaren Quellen. Jede Aussage muss sich belegen lassen, das ist nicht nur in der Wissenschafts-PR essenziell.

Die Quellen ändern sich, die Tatsachen (sollten) bleiben

Ernstzunehmende Content-Schaffende halten an diesem Anspruch immer fest: Zum Beispiel Journalist:innen auch dann, wenn sie die Presse-Abteilungen als Quelle für Unternehmensinfos umgehen; und PR-Redakteur:innen, wenn sie Themen und Informationen für etablierte Medien vor- und aufbereiten bzw. Experteninterviews vermitteln. Oder wenn die Unternehmenskommunikation direkt über Owned Media an ihre Zielgruppen herantritt. Selbst in den eigenen Reihen aufgebaute Influencer werden nur mit „echten“ Infos die gewünschte Glaubwürdigkeit und Reichweite erlangen.

Alles geht

Das Web und Social-Media haben die (Massen-)Kommunikation revolutioniert, entstaubt, beschleunigt sowie demokratisiert und individualisiert zugleich: Jeder Mensch in freien Gesellschaften kann jederzeit ohne Gatekeeper mit vielen interagieren, sich aussuchen, ob er gerade aktiver Nachrichtensender oder passiver Empfänger sein will – absolut großartig!

 

Allgegenwärtig sind jedoch auch die fundamentalen Umbrüche derzeit: Politische und andere Sicherheiten haben sich aufgelöst, wirtschaftliche Verflechtungen werden immer undurchschaubarer, der Klimawandel verlangt Unbequemes, Produkte, Technologien, auch Überzeugungen, wandeln sich disruptiv, eben noch solide Business-Modelle können schon im nächsten Moment als wacklige Kartenhäuser dastehen. „Marken sind so präsent wie nie, aber auch so verletzlich wie nie“, titelte beispielsweise ein deutsches Wirtschaftsmagazin kürzlich.

Nicht jede Kommunikation ist bekömmlich

Derlei Messages schmecken roh nicht sonderlich gut. Und sie professionell „zuzubereiten“, die Hintergründe und Kausalitäten verständlich zu machen, das verlangt nach Kompetenz und Zeit; der Verzehr dieser etwas komplexeren Kost ebenso. Aber warum sich abmühen, wenn sich alternativ postfaktische Content-Leckerlis anbieten? Diese hochemotional verpackten Fast-Food-Infos ohne echte Inhaltsstoffe lassen sich flink en masse fabrizieren. Zudem kommen die Fake-News bei Konsumenten an.

 

Falschbehauptungen sind es allerdings auch,  die vielen am Ende sehr schwer im Magen liegen. Selbst großen Organisationen und sympathischen Marken können sie massiv schaden. Das gilt nicht nur dann, wenn opportunistische Stimmungsmache von außen auf die Firma überschwappt; sondern auch, wenn einzelne Repräsentanten intern auf diesen Zug aufspringen. Die passenden Rezepte gegen diese (zu) einfachen Pseudo-Wahrheiten haben Kommunikator:innen und Content-Schaffende. Ihre Arbeit in Unternehmen für verzichtbar zu halten, ist riskant.

 

 

Was ist und wird für das Tun von PR-Expert:innen eurer Meinung nach wichtig, welche Zielgruppen und Medien/Kanäle rücken intern und extern in den Fokus? Lasst es uns wissen in unserer kurzen Umfrage.

 

 

 

Autor

Achim Neuwirth

Senior Berater Content & PR

E-mail: achim.neuwirth@wortwerkstatt.de

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