Extraordinäre Extras
Was tun, wenn das Besondere gefährlich nah ans Gewöhnliche rückt? Die Autohersteller wissen Rat.
Das Attribut „exklusiv“ verdient – frei nach Duden – all jenes, das großen Wert besitzt oder höchsten Ansprüchen genügt. Beide Kriterien erfüllen Autos nahe oder weit über der 100.000-Euro-Marke ziemlich gut. Schwierigkeiten könnte die dritte Definitionsoption bereiten. Demzufolge ist Exklusives ausschließlich einem bestimmten Personenkreis, Zweck oder Ding vorbehalten. Doch teure fahrbare Untersätze leisten sich viele. Und vermeintlich einmalige Ausstattungen und Extras sind oft gar nicht so „unique“ wie gedacht.
Massig Luxus
Werfen etwa Edellimo-Lenker die Massagefunktion mit aktiver Sitzbelüftung an (gibt es „föhnend“ oder „absaugend“), können es ihnen auch Opel-Astra-Besitzer via AGR -Gestühl gleichtun. Für Regenschirme in Seitentüren muss nicht auf einen Rolls Royce gespart werden; ein Kodiaq oder Superb von Škoda genügen.
Škoda (links) verbaut die Schirmfächer in den vorderen Seitentüren, Rolls Royce dagegen samt Gebläse in den hinteren. Hat wohl unmittelbar etwas mit Fahren oder Gefahrenwerden zu tun.
Sänftenartige Luftfederung? Die darf man zum Beispiel bei Mercedes-Benz schon ab dem vergleichsweise kleinen „C“ klasse finden. Mit dem neuen 3er (G20) reiht sich ein anderer Mittelklasse-Vertreter ein in den Kreis der „Laserleuchter“ – bisher zerschnitten nur große oder seltene Audis und BMWs den Vorhang der Nacht mit dieser Option. Trost gibt es für elitäre Ansprüche trotzdem.
Universal abgehoben
Der Cullinan ist der erste Rolls Royce, der Insassen „mühelos überall“ hinbringt. Im Ruralen angekommen, brauchen zwei Personen weder eine Tweet-Picknickdecke noch Wechseltreter für die Lobbs: Auf Knopfdruck mutiert der SUV-Kofferraum zur privaten Aussichtsplattform, Stühlchen und Cocktailtisch inklusive.
Limousinen dieser Nobelmarke bringen gar das Firmament ins Auto (bemühter Nachahmer ist der bald eingestellte Opel Adam): Optional spiegeln die Lichtpunkte im Dachhimmel (siehe Titelbild) die Sternenkonstellation zur Geburt des Besitzers wider. Ähnlich gut abgeschottet lebt es sich im Tesla Model X, das aber andere Prioritäten setzt. Dessen Lüftung hält selbst biologische Kampfstoffe draußen. Sehr einfach hinein wie heraus gelangt man bei Bentley Bentayga und Cadillac Escalade, weil dazu seitliche Trittbretter ausfahren. In Sachen Tonleiter erweist sich der neue Lincoln Aviator als virtuos: Anstatt auf elektronische Sounds vertraut er auf drei Musiker des Detroiter Symphonieorchesters. Die von ihnen komponierten und eingespielten Riffs erschallen nun als buchstäblich klassische Warn-, Hinweis- und Alarmsignale im Gefährt.
Bleibendes Manko in manch Käufers(ch)icht: Diese Ausstattungen mögen nun zwar modell- oder klassenexklusiv sein; jedoch gibt es sie weiterhin serienmäßig oder von der gewöhnlichen Aufpreisstange, die wahrhaft Spezielles nicht abdeckt. Abhilfe schaffen die Individualisierung- und Personalisierungsabteilungen der Premium- und Luxusmarken. Die kennen so gut wie keine Grenzen. Gerüchteweise bekam ein Cullinan-Kunde für 180.000 britische Extra-Pfund ein WC installiert. Der Trend zu sogenannten One-Off-Fahrzeugen ist da nur konsequent: Insbesondere Ferrari schneidert das Blechkleid „für seine guten Kunden“ auch gerne maß, entsprechende Sportler erhalten den Namenszusatz „SP“ (Special Projects). Endlich klappt es also mit Autos, die per definitionem die einzigen ihrer Art sind.
Der Ferrari SP3JC ist das jüngste Unikat des italienischen Sportwagenbauers. Binnen zwei Jahren entstand es im hauseigenen Centro Stile – im Auftrag und nach den Vorstellungen des britischen Markenhändlers John Collins (genau: JC).