Was läuft bei Bikes?
Fünf Fragen an
den Motorradmarkt

Wo geht die Absatzreise bei Motorrädern hin, überzeugt „Premium“, „Power“, „preiswert“ oder „einpöttig“ die Biker:innen-Community? Und bekommen E-Antriebe hier überhaupt eine Chance? Wir haben direkt an der Quelle nachgefragt: beim Markt.

Lieber Motorradmarkt, zunächst die einfache Frage: Wie geht es Ihnen?

 

„Nun ja, man soll ja nicht klagen. Aber ehrlich gesagt bin ich gespannt, ob und wann meine Gesundheit nachlässt. Die letzten Jahre ging es mir durch die Bank bestens, das ‚böse Corona‘ hatte vor allem die Marktkollegen von Gastro & Co erwischt. Zurzeit frage ich mich allerdings schon, wo all die Menschen demnächst das Geld für die teuren Oberklasse-Bikes hernehmen, die sich aktuell immer noch so gut verkaufen.“

Aber gibt es nicht auch den Trend zur neuen 10.000-Euro-Klasse?

 

„Ganz genau. Viele leisten sich – vielleicht als letztes Motorrad oder zum Rentenbeginn – wie gesagt die ‚Superluxusvariante‘. Gleichzeitig entdecken immer mehr das stark wachsende, tolle Angebot in der Mittelklasse für sich. Bei Honda haben die neuen 750er-Bikes die Verkaufszahlen letztes Jahr durch die Decke gehen lassen. Auch für die anderen Hersteller gilt: Wer interessante Modelle zwischen 600 und 900 Kubik hat und diese für 7.000 bis 10.000 Euro anbietet, der ist auf der Erfolgsstraße! Vorausgesetzt natürlich, diese ‚Moppeds‘ lassen sich in ausreichenden Stückzahlen liefern (grinst).“

Back to the roots: Wie sehen Sie den Boom bei den  neuen 400ern?

 

„Sagen sie es nicht weiter, aber mich überrascht es auch, wie gut diese schnuckeligen kleinen Dinger gerade laufen. Allerdings bin ich ja auch von Vierzylindern mit 180 und mehr PS verwöhnt, oder sollen wir sagen: verdorben? Wie auch immer: Nüchtern betrachtet ergänzen sich hier wohl zwei völlig unterschiedliche Trends. Zum einen stürzen sich viele Traditionshersteller auf die neue, gigantische Zielgruppe der Mittelschicht in Asien. Dafür bauen sie bei Partnerfirmen – vor allem in Indien – gut gemachte Einzylinder-Bikes mit 350 bis 450 Kubik, was vor Ort als Oberklasse gilt. Da diese Bikes schon mal da sind und auch qualitativ nicht negativ auffallen, werden diese auch hierzulande angeboten − zu Schnäppchenkursen ab 5.000 Euro. Und siehe da: Das erste Kontingent der neuen 400er von Triumph zum Beispiel ist wohl schon fast ausverkauft, die Einsteigerklasse also auch bei uns gefragt.“

Und wer kauft diese Einsteigermotorräder dann? Gibt es wieder Nachwuchs?

 

„Das ist die entscheidende Frage, vor allem auf lange Sicht. Aktuell tummeln sich im Segment – nennen wir es besser nicht ‚Einsteiger-‚ sondern ‚400er-Markt‘ – in der Tat vor allem Aufsteiger:innen aus der 125er-Klasse; und die Menschen, die mit einem leicht zugänglichen Motorrad beginnen wollen. Es gibt also Nachwuchs in Form jüngerer Semester. Ich höre aber immer öfter, dass auch alte Säcke – Verzeihung, politisch korrekt ist ‚Best Ager‘ – sich bei diesen Bikes umschauen. Warum auch nicht: Viele Ü50 erinnern sich sicher daran, wie viel Spaß sie in Jugendjahren mit ihrer SR 500 oder ähnlich einfach-ehrlichen Einzylindern hatten. Warum nicht jetzt wieder an dieses Lebens- und Fahrgefühl anknüpfen?“

Wann kommt die Wende zu Elektromotorrädern?

 

„Mit Verlaub: Die Frage ist ja schon falsch gestellt! Die Wende zum Elektroantrieb bei kleinen Zweirädern ist längst vollzogen, denken Sie nur an die enormen Absatzzahlen der Pedelecs und E-Bikes hierzulande. Gleiches gilt für Elektroroller, zumindest auf dem Weltmarkt: Der Hersteller Yadea aus China verkauft weltweit rund 2,5 Millionen Einheiten, ausschließlich mit E-Antrieb. Warum die Deutschen keine E-Roller fürs Pendeln einsetzen? Das verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht, da diese Fahrzeuge perfekt dafür geeignet sind.

Noch spannender ist die Frage nach ‚echten‘ E-Motorrädern. Die großen Hersteller verschieben immer wieder ihren E-Markteintritt und überlassen spezialisierten E-Anbietern wie Zero oder Energica das Feld. Da die E-Technik noch keine zügige Landstraßenfahrt mit 300 und mehr Kilometern ohne Nachladen zulässt, scheuen viele Motorradfans bislang den Umstieg. Allerdings sagt uns die Statistik auch, dass ein Gros der Biker meist nur eine 100 bis 150 Kilometer lange Feierabendrunde fährt …

Ich denke, wir werden hier ein konstantes Wachstum sehen, aber keinen echten Boom – zumindest, solange es kein spezielles Förderprogramm gibt wie etwa das sehr erfolgreiche in Österreich.“

 

Lieber Motorradmarkt, wir danken fürs Beantworten der fünf Fragen und wünschen weiterhin gute Gesundheit!

 

Es sollen mehr als diese fünf Fragen zum Motorradmarkt beantwortet werden? Den Community-Aspekt haben wir uns in einem weiteren Blogpost angesehen.  

Autor

Arnd von de Fenn

Senior Berater Content & PR

E-mail: arnd.vondefenn@wortwerkstatt.de

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