Virtueller Totalcrash:
Kuriose Auto-Spiele
Auch wenn sich Auto-Games ungebrochener Beliebtheit erfreuen, macht nicht jedes automatisch Spaß. Manche machen nicht einmal Sinn, wie drei besondere Kreationen beweisen.
Videospiele und Autos sind thematisch eine gute Kombi, wie die Verkaufszahlen von Games á la „Need for Speed“ beweisen. Was aber passiert, sollte man bei der nächsten Zockersession einfach auf Qualität, Logik und Spannung verzichten wollen? Man landet bei „My Summer Car”, „Big Rigs” und „Pyongyang Racer”.
My Summer Car: Grand Theft Auto auf Finnisch
My Summer Car spielt Anfang der 90er in Finnland. Es ist Sommer, und die Spielfigur wünscht sich ein Auto, um damit durch die Landschaft zu cruisen. Aber das Geld reicht nicht, also baut sie sich einfach selbst eines zusammen.
Es gibt nur ein paar Probleme. Erstens: Wenn das Spiel „zusammenbauen“ sagt, dann meint es das auch – bis hin zur einzelnen Schraube am Motorblock. Zweitens: Diese Schrauben einzusetzen wird zur Herkulesaufgabe, weil die Physik-Engine des Spiels ungenaue Eingaben mit wild umherschießenden Teilen straft. Drittens: Nirgendwo finden sich Infos darüber, welche Teile so ein Auto eigentlich braucht. Viertens: Die Spielfigur kann sich betrinken (siehe auch: Finnland), was Problem Nummer zwei verschlimmert. Außerdem muss man schlafen und essen, um nicht irgendwann tot umzufallen. Apropos: Sollte man sich schließlich virtuell in seinen mit Spucke und Gebeten zusammengeklebten Boliden setzen und bei der Spritztour umkommen (sehr wahrscheinlich), fängt man wieder ganz von vorne an. „Das ist Autospiel mit Realismus“, sagt der Entwickler Amistech in gebrochenem Englisch, „und hat Art von Grafik“.
Fazit: My Summer Car ist frustrierend, auf absurde Weise unberechenbar und vor allem ein Heidenspaß. 5 von 5 finnischen Bockwürsten.
Pyongyang Racer: Kim Jong Fun
Folgende Entstehungsgeschichte ist wahr: Ein westliches Reisebüro bietet (natürlich geführte) Touren durch Nordkorea an und möchte gerne ein bisschen PR für das Land machen. Also werden dort ansässige Programmierer engagiert, um ein Rennspiel zu entwickeln. Spitzenidee: Nordkorea ist ja gerade für seine Ingenieurskunst und Autokultur bekannt. Das Ergebnis heißt „Pyongyang Racer“ und wurde 2012 als Gratis-Browsergame auf die Welt losgelassen. Ein Spiele-Blogger beschrieb es treffend: „Es ist exakt so, wie sich das Autofahren in Pjöngjang in echt anfühlt: langsam, immens langweilig, leer, unglaublich eingeschränkt und technologisch mindestens eine Dekade hinterher.“
In „Pyongyang Racer“ fährt man, bedudelt von asiatischer Fahrstuhlmusik, durch die nordkoreanische Hauptstadt. Eine stramm uniformierte Polizistin herrscht einen an: „Fahr gerade aus. Starr mich nicht an, ich bin im Dienst.“ Die Stadt ist steril und menschenleer und wirkt selbst für die schlechte Grafik sehr unnatürlich; weicht man von der Fahrbahn ab, setzt das Spiel einen ruppig wieder in die vorgesetzte Spur zurück. Es ist wohl ein bisschen so, als würde man selber in Nordkorea Urlaub machen.
Fazit: Der plötzlich im Büro stehende General sagt, es sei das perfekte Spiel und wir Kapitalisten sollen es gefälligst mit 5 von 5 glorreichen Sternen für das heldenhafte Land bewerten.
Big Rigs zerstört das Raum-Zeit-Gefüge
Es gibt schlechte Videospiele, und es gibt „Big Rigs: Over the Road Racing“. „Big Rigs“ hat keine Programmierfehler, es ist einer. Es versagt auf allen Ebenen so sehr, dass es fast schon wieder Kunst ist. Wo sich andere Spiele Schnitzer leisten, errichtet „Big Rigs“ einen Holzpfahl der Inkompetenz. Soll heißen: „Big Rigs“ ist kein besonders gutes Spiel.
Doch von vorne: In „Big Rigs“ fährt man mit Trucks um die Wette. Nur, dass sich der Gegner nie von der Startlinie bewegt. Läppische Hindernisse wie Bäume, Straßenschilder, Gebäude und manchmal sogar die Straße selbst lassen sich durchfahren. Das Handling des Lasters gleicht einem Offroad-Bike, das von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde: Der 18-Tonner erklimmt Steigungen von fast 90 Grad. Aber es ist der Rückwärtsgang, der „Big Rigs“ von einem schlechten Spiel auf den Status einer kosmischen Erfahrung erhebt. Die Retourstufe kennt nämlich keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Das heißt, der Truck wird einfach immer schneller – bis weit über die Grenze zur Lichtgeschwindigkeit hinaus, wie nicht nur gelernte Physiker am Tacho erkennen können. An dieser Stelle registriert das Spiel die Position des Fahrzeugs an jedem Punkt der Karte, wirft angesichts des zerstörten Raum-Zeit-Gefüges die Hände hoch und kürt den Spieler zum Sieger. Wenigstens gibt es für den ganzen Stuss dann eine schöne Trophäe:
Fazit: [Keine Bewertung, weil der Autor vor Frust und/oder Lachen zusammengebrochen ist.]