Im Call oder im Besprechungsraum:
Vier „Typen“, die jede:r kennt

Meetings sind wichtig. Abstimmungen laufen im direkten Miteinander oft besser, effizienter und nicht zuletzt spaßiger ab als durch Teams-Notizen und Mails. Und man bekommt es sowohl online wie auch live mit verschiedensten „Meeting-Charakteren“ zu tun. Hier eine „Typologie“ (vorerst) ohne wissenschaftlichen Anspruch.

Die Unsichtbaren: dabei – aber irgendwie auch nicht

Vor allem bei Teams-Meetings mit hoher Teilnehmer:innenzahl sind sie ein häufiges Phänomen. Im Idealfall hat man von ihnen eine kurze Chatnachricht im Kanal, die da lautet „Fangt schon mal ohne mich an!“ Später sind sie dann doch irgendwie im Call, haben aber die Kamera aus. Weil sie remote zugeschaltet sind, gern im Zug oder sogar im Auto, verschwinden sie immer mal wieder, wenn die Verbindung abbricht. Sicherheitshalber fragt sie niemand, sie sagen aber auch von sich aus meistens nichts. Der finale und unrettbare Verbindungsabbruch kommt bei ihnen zuverlässig kurz vor der abschließenden Fragerunde. Manchmal verewigen sie sich auch wie sie gekommen sind – mit einer Chatnachricht wie „Muss leider weiter!“

Die Kritzel-Genies: Kein Schreibblock ist sicher.

Wenn man nach einem Live-Meeting durch den Raum geht und liegengebliebene Unterlagen einsammelt, fallen sie besonders auf: die vollgekritzelten Blätter. Die zeichnerische Kompetenz ihrer Urheber:innen ist sehr unterschiedlich, die Kreativität aber immer hoch: Von leeren Sprechblasen über merkwürdige Pflanzen oder hieroglyphische Typografien bis hin zu auch anspruchsvollen 3D-Formen reichen die Ergüsse aus dem „Konfi“. Mitunter sind auch saisonale Phänomene (Zimtsterne, Weißwürste) zu finden.

 

Das eigentümlichste Phänomen dabei: Bei manchen sind die Zeichnungen pure Erinnerungstechnik. Konfrontiert man solche Menschen selbst Wochen nach dem Meeting mit ihren „Gebilden“, können sie anhand dessen den kompletten Besprechungsverlauf wiedergeben.

Die Handy-Fans: Interessanter ist es immer woanders.

Präsenz ist heute relativ geworden. Durch das Smartphone können wir sie sehr gut aufteilen – mit dem Effekt, dass wir gedanklich irgendwann nicht mehr dort sind, wo wir uns gerade aufhalten. Beispielsweise in jenem Meeting-Raum, in dem andere von uns gerade Beteiligung, kritische Fragen, wertvolle Informationen oder auch nur ein freundliches Wort erwarten. Ein bisschen Aufmerksamkeits-Defizit haben wir heutzutage ja alle. Wer in jedem Meeting schon nach fünf Minuten das Handy schnappt, um die Mails oder Social-Kanäle zu checken, sollte einen Achtsamkeitskurs erwägen.

 

Ein striktes Handy-Verbot in Live-Meetings ist dennoch nicht zu empfehlen. Das Mobilgerät lässt sich schließlich durchaus konstruktiv nutzen, beispielsweise um an gefragte Informationen zu kommen oder schlicht die Agenda digital aufzurufen.

Die großen Egos: „Ich, ich, ich …“

Die Älteren unter uns werden es noch kennen, das klassische (und leider typisch maskuline) Chef-Gebaren: 10 Minuten zu spät ins Meeting kommen, sofort das Wort ergreifen, sich in Rage reden und dann mit fliegenden Sakkoschößen wieder raus und weiter gehen. Zum Glück ist solches „Führungsverhalten“ dank eines Kulturwandels in vielen Unternehmen heute passé.

 

Es gibt aber auch bei flachen Hierarchien und in agilen Organisationen Personen (jeglichen Geschlechts), die in Meetings viel zu selten als Teamplayer agieren. Für sie sind Zusammenkünfte eine willkommene Gelegenheit, die eigenen Leistungen in leuchtenden Farben zu schildern, ausgiebig Redezeit zu beanspruchen, den Benchmark in Sachen Detailtiefe zu setzen und die Agenda bestenfalls als unverbindlichen Vorschlag zu betrachten.

 

Erfreulicherweise haben gewiefte Moderator:innen gute Taktiken entwickelt, mit all diesen Typen nicht nur klarzukommen; sie können sogar eine konstruktive Meeting-Mannschaft aus ihnen formen: „Unsichtbare“ lassen sich gezielt in Szene setzen, Selbstdarsteller:innen „einhegen“ und in die Pflicht nehmen. Regelmäßige Pausen sind ideal, um Handy-Nutzer:innen zufriedenzustellen und den Input von „Introvertierten“ (Kritzler:innen) in Vier-Augen-Gesprächen abzutanken – sowie dies später als Impuls ins Meeting zu bringen.

 

Doch ganz gleich, ob es um eine solche eher willkürliche Typologie geht oder um eine wissenschaftlich fundierte Studie, die dem Meeting-Verhalten und den daraus entstehenden „Kosten“ von Online-Meetings auf satter Datenbasis nachgeht : Eine Empfehlung ist immer, nur Meetings abzuhalten, die eine Agenda haben und sinnvolle Ergebnisse erwarten lassen.

Autor

Andreas Neemann

Senior Berater Content & PR

E-mail: andreas.neemann@wortwerkstatt.de

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