Das Zwei-bis-Vierrad:
wo Pkw und Bike
zusammenwachsen

Automobile und zweirädrige Kompetenzen unter einem Dach zu haben, gilt in der WORTWERKSTATT als ganz normal. Und so fragten wir uns, ob sich Analogien dazu auch in der Fahrzeugtechnik finden. Die Antwort ist ein klares „Ja, aber …“.

Eine erste Ähnlichkeit fällt schnell ins Auge: Mit dem emissionsbedingten Downsizing-Trend nähern sich Pkw zylindermäßig dem Bike an. Häufig haben Automotoren heute drei, vereinzelt sogar nur noch zwei Töpfe (Fiat 500 TwinAir). Selbst BMW bringt den einst markentypischen Reihensechser in der nächsten 1er-Generation nicht mehr unter die Haube. Stattdessen erobert – ähnlich wie zum Beispiel bei Ford – ein aufgeladener Dreizylinder immer mehr Konzernmodelle. Im Hybrid-Sportwagen BMW i8 unterstützt dieser die E-Maschine. Könnte sein, dass man Dreizylinder bald nicht mehr alleine mit Bikes von Triumph oder Yamaha assoziiert. Möglicherweise aber fährt sowieso alles viel früher als gedacht vollelektrisch.

Auf Touren

Ähnlich automobiler Verbrenner mit mehr als vier Zylindern (siehe unter anderem Porsche 718 Boxster und 718 Cayman) ist auch das Hochdrehzahlprinzip akut vom Aussterben bedroht, sogar beim Bike. Bis vor kurzem war speziell Honda bekannt dafür, Letzteres sowohl seinen Zweirädern (und Rennwagen) als auch den Serien-Pkw einzuimpfen. Am anderen Ende der Drehzahlskala tuckerte die Royal Enfield Diesel ins Aus: Sie bot uriges Traktor-Feeling auf zwei Rädern.

Transplantierte Herzen

Warum denn nicht gleich– wie schon bei der BMW Isetta in den 1950er-Jahren – eine Motorradmaschine in ein Mehrspurfahrzug einbauen? So bekam der 2014 präsentierte Suzuki Swift Hayabusa nicht nur die Mentalität, sondern tatsächlich den hochgezüchteten Motor eines Konzernmotorrads verpasst. Selbiges galt für den Honda Mean Mower, der dank 80 kW (109 PS)-Bike-Aggregat und 187,6 km/h Spitzentempo ernsthaft den Titel „schnellster Aufsitzrasenmäher der Welt“ trägt. Für beide blieb es bei der Stückzahl 1. Ebenfalls im Jahr 2014 verpflanzte BMW den Zweizylinder seines Rollers C600 erstmals auch in den Stromer i3. Dort werkelt der kleine Verbrenner seither optional als Reichweitenverlängerer für die Batterie.

Den Koffer- zum Motorraum gemacht: Angeregt von Ex-Rallyefahrer Niki Schelle versah Suzuki den Kleinwagen Swift einmalig mit der 1,3 Liter-Maschine des Highspeed-Touringbikes Hayabusa – per Turbo leistungsgesteigert auf rund 243 kW (330 PS).

Umgekehrt gab es auch immer wieder Motorräder, die Pkw-Maschinen im Rahmen trugen: Legendär ist Friedel Münchs TT („Mammut“), die der Konstrukteur 1966 mit dem Vierzylinder des NSU Prinz 1000 auf den Markt brachte. Heute noch erwerben lassen sich die US-Bikes von Boss Hoss mit (mindestens) 327 kW (445 PS) starkem und 6,2 Liter großem Chevy-V8-Motor. Nötig sind dafür gar nicht so sehr Mut und Profi-Fahrkönnen als vielmehr dicke Muskeln (bei rund 600kg Gewicht) und Geldbeutel (bei rund 71.000 Euro in der Basisversion).

ATVs, Dreiräder und Trikes: Bestes aus zwei Fahrzeugwelten?

Selbst über die Anzahl der Räder definiert sich der Fahrzeugcharakter nicht zwingend. Das gilt besonders bei Quads beziehungsweise All-Terrain-Vehicles (ATV). Technisch deutet dort fast alles auf ein Motorrad hin, bis auf die vier Pneus eben. Sie ersetzen das Faszinosum Schräglage durch die Umfallprävention im Stand. Stärker zum Automobilen tendiert die Quad-Untergruppe namens Side-by-Side-ATVs mit nebeneinander angeordneten Sitzen sowie Lenkrad und Fußpedalen anstatt einer Gas- und Bremsenbetätigung am Lenker. In Pkw-Bereiche dringen diese Vehikel auch bei Preis und Leistung vor: Die Stärksten wie Arctic Cat Wildcat 1000, Can-Am Maverick X3, Polaris RZR und Yamaha YXZ1000R liefern bis zu 126 kW (172 PS) und kosten um die 30.000 Euro.

Extreme Eskalationsstufe des ATV-Konzepts: Der Can-Am Maverick X3 mit bis zu 172-Turbo-PS.

Sollten am Ende wirklich Dreiräder vom Schlage eines Can-Am Spyder, Polaris Slingshot oder Morgan 3 Wheeler der letztgültige Kompromiss zwischen Vier- und Zweirad sein? Einerseits ja: Schließlich verringern sie die Sturzgefahr gegenüber dem Bike, erfordern lediglich eine Pkw-Fahrerlaubnis und sind zum Teil sogar helmpflichtbefreit. Trotzdem informieren sie ihre Piloten über Fahrtwind, Wetter, Schlaglöcher, Lärm und Fluginsekten genauso unvermittelt-emotional wie ein Motorrad. Andererseits nein: Sie sind eben offen, unpraktisch, breit und bieten keine Schräglage. Zwei Räder vorne und eines hinten fördern zudem fahrdynamische Eigenarten: Speziell im Regen kann das Heck jähzornig ausbrechen.

Als Alternative bieten sich rollerähnliche Dreiräder wie Piaggio MP3 und Peugeot Metropolis oder der alien-artige Sportbike-Ableger Yamaha Niken an. Sie beherrschen zusätzlich die Kurvenneigung, fahren sich mehr wie ein Motorrad. Außerdem nutzen die das zweite Rad nicht nur für Stabilität, sondern auch als Sicherheitspolster gegen frontales Wegrutschen. Wer aber gerade das erleben möchte, lässt sich auf das bienenfleißige Nutzfahrzeugchen Piaggio Ape ein – und bekommt dafür Kippgefahr und Kurvenaversion inklusive. Hauptverantwortlich dafür ist hier die Räderverteilung „eins vorne, zwei hinten“, die auch Trikes prägt. Um vierrädriges Vertrauen und städtisches Stauwuseln zu verbinden, bieten sich schließlich Scooter-Quad-Zwitter mit Neigetechnik an. Sie fallen so schmal aus, dass sie dem Auge des Gesetzes als Dreirad erscheinen. Beispiele dafür sind der Quadro4 und die PSA-Studie eines hybridisierten „Efficient Urban Light Vehicle“, die den Kabinenroller neu interpretiert.

(K)einer für alles

Die unterschiedlichen Konzepte im Sinne eines „entweder – oder“ gegeneinander auszuspielen, ergibt trotzdem keinen Sinn. Dem Charme von Ape und 3 Wheeler erliegt man gleichermaßen wie dem seltenen Reiz eines modernen Power-ATVs oder -Dreirads. Für Motorrad und Scooter finden sich genauso rationale Argumente wie es emotionale für den Pkw gibt. Der kernige Sound eines Dreizylinders und die stille Antrittsstärke einer E-Maschine vermögen auf jeweils eigene Art zu begeistern. Dem einen aber den Charakter des anderen aufzuzwingen, scheint nur in Ausnahmefällen aufzugehen. Und ein Alleskönner für Innenstadt und Rennstrecke, Verstand und Gefühl, Alltag und Abenteuer, Sommersonne und Winterschnee sowie Familienansprüche und „Ego-Trips“ ist weiterhin Utopie. Das Ideal bleibt Vielfalt. Dadurch kann man für jeden aktuellen Mobilitätswunsch auf Spezialisten zurückgreifen. So, wie es Wortwerkstatt-Kunden thematisch bei den Automobil- und Motorrad-Aficionados der Agentur möglich ist. Verlangen Jobs einmal nach beidem, helfen sich die Teams einfach gegenseitig als Range Extender aus.

 

Neugierig auf Motorräder, Scooter, Dreiräder, Trikes und Quads geworden? Die neuesten Modelle live zeigt die IMOT – Internationale Motorrad Ausstellung vom 16. bis 18. Februar 2018 im MOC München.

Autor

Achim Neuwirth

Senior Berater Content & PR

E-mail: achim.neuwirth@wortwerkstatt.de

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

KI in der PR

Welche Chancen und Risiken bringen neue Content-Tools mit künstlicher Intelligenz (KI) für die Wortwerkstatt als etablierte Agentur in der PR- und Kommunikationsbranche? Ein Blick unter die Hype-Oberfläche.

Weiterlesen

So tickt der Motorradmarkt

Motorradfahren kann glücklich machen. Bei kaum einem anderen Fahrzeug spürt man die Magie der Fortbewegung so hautnah. Das verbindet. Persönliche Kontakte sind in der „Biker-Community“ das A und O. Das ...

Weiterlesen

Vier Meeting-Typen entlarvt

In Meetings bekommen wir es mit verschiedensten Charakteren zu tun – und zwar ganz gleich, ob online oder live. Eine kleine Typologie des Meeting-Verhaltens (vorerst) ohne wissenschaftlichen Anspruch.

Weiterlesen